Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt eine abhängige Beschäftigung dann vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern.
Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder Selbständigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen. Bei der Abwägung müssen alle nach Lage des Einzelfalles relevanten Indizien berücksichtigt und innerhalb einer Gesamtschau gewichtet und gegeneinander abgewogen werden.
Das führt bei der Prüfung der Tätigkeit von Ärzten, die neben ihrer Tätigkeit in der eigenen Praxis für Krankenhäuser tätig sind zu den unterschiedlichsten Einschätzungen der Gerichte:
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 20.08.2015 (L 4 R 1001/15) festgestellt, dass die ausgeübte Tätigkeit als Arzt im Rahmen der Rufbereitschaft in einem abhängigen und in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erfolgt. Eine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung besteht bei hauptberuflicher Tätigkeit als niedergelassener Vertragsarzt daneben aber nicht.
Das LSG Baden-Württemberg macht damit deutlich, dass Krankenhäuser Ärzte nicht „auf Abruf“ selbständig beschäftigen können; Ärzte, die in Krankenhäusern Patienten behandeln, also in der Regel abhängig beschäftigt sind. Hintergrund ist, dass eine weisungsfreie, unternehmerische Tätigkeit in einem Krankenhaus mit strikt abgestimmten Arbeitsabläufen nicht denkbar ist. Etwas anderes soll für Konsiliarärzte, die punktuell Leistungen erbringen oder Honorarärzte, die zur Ausführung einzelner Operationen in die Klinik kommen, gelten. Die Tätigkeit des Belegarztes ist hiervon zu unterscheiden, weil der Belegarzt eigene Patienten und nicht Patienten der Klinik behandelt.
Das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern geht unter Berufung auf die oben genannten Abgrenzungskriterien des Bundessozialgerichtes im Urteil vom 28.04.2015 (L 7 R 60/12) von einer abhängigen Beschäftigung eines Notarztes aus. Für die abhänge Tätigkeit spreche, dass bei Übernahme eines Notarzt- bzw. Bereitschaftsdienstes die unbedingte Verpflichtung bestehe, die Dienstleistung zu erbringen. Der Arzt sei dadurch genauso in die Organisation der Klinik eingegliedert, wie dies bei einem „angestellten“ Arzt im Rahmen seines Bereitschaftsdienstes gewesen sei. Das Unternehmerrisiko des Arztes sei gering, flexible Arbeitszeiten seien auch in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen, vor allem bei Teilzeittätigkeiten anzutreffen. Das Entgelt des Arztes sei, wie auch bei sonst abhängigen Beschäftigten, typisch allein vom zeitlichen Einsatz abhängig, nicht hingegen etwa auch von der Güte bzw. dem Erfolg der verrichteten Dienste. Eigene Betriebsmittel sind nicht vorhanden. Rettungsgeräte, Einsatzfahrzeuge wurden nicht vom Arzt selbst „gestellt“ worden.
Dass das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg stellt dagegen mit Urteil vom 20.03.2015 (L 1 KR 105/13) für die Tätigkeit eines Notarztes im Rettungsdienst fest, dass eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Es hält die Faktoren des fehlenden Unternehmerrisikos, der Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation und das Nutzen fremder Arbeitsmittel für unerheblich. Auch dass der Arzt den Weisungen des Ärztlichen Leiters des Rettungsdienstes unterlag und der Zwang, sich an die Rahmenvorgaben des Krankenhauses zu richten, führte nicht zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung.
Dem schließt sich auch das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 19.04.2016 (L 11 R 2428/15) an. Dem LSG genügte es für die Feststellung einer selbständigen Tätigkeit, dass der Bereitschaftsarzt dem Krankenhaus mitteilte, ob und wann er Schichten übernehmen wolle und damit keine ständige Dienstbereitschaftspflicht bestand. Durch Sonntagsdienste mit einer grundsätzlichen Dauer von Sonntag 8:30 Uhr bis Montag 8:30 Uhr ergab sich für das LSG noch kein Weisungsrecht des Krankenhauses. Das LSG stellte klar, dass das fehlende Weisungsrecht hinsichtlich der Dienstzeiten im Rahmen der Gesamtbeurteilung von erheblicher Bedeutung war, denn fachlich besteht bei ärztlichen Tätigkeiten aus der Natur der Sache weitgehend Weisungsfreiheit. Auch die Ausführung der Tätigkeit in den Betriebsräumen der Klägerin ergab sich für das LSG aus der Natur der Sache und stellte daher kein valides Abgrenzungskriterium für eine angestellte Tätigkeit dar. Das nur geringe Unternehmerrisiko spricht nach Ansicht des LSG ebenfalls nicht gegen eine Selbständigkeit. Honorarärzte setzen typischerweise im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital ein. Obwohl also das vereinbarte pauschale Stundenhonorar von 23 bzw. 30 EUR gegen ein Unternehmerrisiko spricht, sollte dies weder ein Argument für noch gegen die Selbstständigkeit sein, weil sich diese Art der Vergütung für Bereitschafts- und Notärzte anbietet.