In einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht muss geprüft werden, ob die notwendige Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Leistungsgewährung vorliegt.
Sind die Kosten für Unterkunft und Heizung streitig stellten sich die Sozial- und Landessozialgericht auf den Standpunkt, Eilbedürftigkeit sei erst gegeben, wenn eine Kündigung der Wohnung erfolgt sei und bereits Räumungsklage erhoben wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass diese pauschale Annahme rechtswidrig ist.
Gerichte sind gehalten, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn den Antragstellenden sonst eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in ihren Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Dazu gehört es, den Wohnraum in einem bestehenden sozialen Umfeld nach Möglichkeit zu erhalten. Daher ist bei der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund für den Eilrechtsschutz vorliegt, im Rahmen der wertenden Betrachtung zu berücksichtigen, welche negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art ein Verlust gerade der konkreten Wohnung für die Betroffenen hätte. Diesen Anforderungen wird das Landessozialgericht vorliegend nicht gerecht. Es stellt allein und schematisch auf die Erhebung der Räumungsklage ab und legt seiner Entscheidung damit ein der gesetzgeberischen Zwecksetzung nicht entsprechendes, zu enges Verständnis des wesentlichen Nachteils zugrunde.
BVerfG, Beschluss vom 01. August 2017 – 1 BvR 1910/12