Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches sind derzeit noch verfassungsgemäß. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Juli 2014 entschieden. Die Anforderungen des Grundgesetzes, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, würden im Ergebnis nicht verfehlt.
Unter anderem das Sozialgericht Berlin hatte die im Jahr 2011 geänderten Regelungen zur Ermittlung und Festsetzung der Regelbedarfe für verfassungswidrig gehalten, zwei Verfahren ausgesetzt und die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.
Das Bundesverfassungsgericht bestätigt mit dem jetzt veröffentlichten Beschluss, dass das Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums in Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG garantiert ist. Dieser Anspruch erstrecke sich auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung der physischen Existenz sowie zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.
Die Auswahl einer tauglichen und sachgerechten Methode zur Ermittlung dieser Bedarfe und zur Berechnung der Leistungen komme dem Gesetzgeber zu. Er dürfe keine Methode wählen, die existenzsichernde Bedarfe ausblendet, müsse die Berechnung fortwährend überprüfen und falls erforderlich weiterentwickeln.
Das BVerfG stellt nun fest, dass die Festsetzung der Gesamtsumme für den Regelbedarf nicht erkennen ließe, dass der existenzsichernde Bedarf nicht gedeckt sei. Mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) stütze sich der Gesetzgeber auf geeignete empirische Daten. Auch die Entscheidung, bei der EVS 2008 nur noch die einkommensschwächsten 15 % der Haushalte als Bezugsgröße heranzuziehen (statt wie zuvor die unteren 20 %), sei sachlich vertretbar. Ergeben sich erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Deckung existenzieller Bedarfe, läge es aber im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, rechtzeitig geeignete Nacherhebungen vorzunehmen, Leistungen auf der Grundlage eines eigenen Index zu erhöhen oder Unterdeckungen in sonstiger Weise aufzufangen. Das gälte beispielsweise für den Haushaltsstrom, wo der Gesetzgeber im Falle außergewöhnlicher Preissteigerungen verpflichtet sei, die Berechnung schon vor der regelmäßigen Fortschreibung anzupassen.
Die teilweise gesonderte Deckung von existenzsichernden Bedarfen, insbesondere über das Bildungspaket und das Schulbasispaket, sei vom Gesetzgeber tragfähig begründet. Allerdings müssen die Bildungs- und Teilhabeangebote für die Bedürftigen auch tatsächlich ohne weitere Kosten erreichbar sein; daher ist die neu geschaffene Ermessensregelung zur Erstattung von Aufwendungen für Fahrkosten als Anspruch auszulegen.
Der Gesetzgeber habe schließlich auch tragfähig begründet, warum sich die Fortschreibung der Regelbedarfe an die bundesdurchschnittliche Preis- und Lohnentwicklung anlehnt. Die Preisentwicklung müsse allerdings – wie geschehen – im Vergleich zur Lohnentwicklung stärker gewichtet werden, weil gerade bei Leistungen zur Deckung des physischen Existenzminimums deren realer Wert zu sichern ist.
Es bleibt nun abzuwarten, wie die konkreten Hinweise in der Entscheidung die Praxis der Jobcenter und Sozialgerichte beeinflusst.