Berufsunfähigkeit gehört zum privaten Bereich

Das Landgericht Düsseldorf hat am 20.02.2018 entschieden, dass die Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und deren Geltendmachung dem privaten Bereich zuzuordnen und deshalb vom Versicherungsschutz einer Rechtsschutzversicherung umfasst sind.

Ein selbstständiger Drucker beantragte bei seinem Rechtsschutzversicherer die Erteilung einer Deckungszusage, um eine Rente aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) einzuklagen. Der Rechtsschutzversicherer verwies darauf, dass die Rechtsverfolgung nicht vom „Kompaktrechtsschutz für Selbstständige“ umfasst sei. Die personenbezogene Vorsorge eines Selbstständigen sei eine Streitigkeit aus dem nicht privaten Bereich und deshalb nicht vom Versicherungsschutz umfasst.

Das hat das Landgericht Düsseldorf anders gesehen. Die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen unterscheiden zwischen dem Bereich der selbstständigen Tätigkeit des Versicherungsnehmers und seinem privaten Bereich. Maßgeblich für die Zuordnung der Interessenwahrnehmung zum selbstständigen Bereich sei, dass ein innerer, sachlicher Zusammenhang von nicht nur untergeordneter Bedeutung zwischen der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen und der unternehmerischen Tätigkeit bestehe. Hierbei sei es nicht ausreichend, wenn die Interessenwahrnehmung durch die selbstständige geschäftliche Tätigkeit lediglich verursacht oder motiviert sei. Das Landgericht hat die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung daher dem privaten Bereich zugeordnet.

LG Düsseldorf Urteil vom 20.02.2018, Az: 9 O 30/17

Kein Lückenschluss durch Nachzahlung von Rentenbeiträgen

Das LSG Baden-Württemberg hat entschieden, dass lange zurückliegende Beitragslücken nicht nachträglich durch Zahlung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung geschlossen werden können.

Der Kläger hatte im Verlauf seines Arbeitslebens insgesamt 44 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten erreicht. Seit 01.07.2014 können Versicherte mit 45 Beitragsjahren die Altersrente für besonders langjährige Versicherte ab dem Alter von 63 Jahren abschlagsfrei in Anspruch nehmen (sog. „Rente mit 63“). Der Kläger beantragte die Rente mit 63 und die Nachzahlung freiwilliger Beiträge, um die einjährige Beitragslücke zu schließen.

Die Rentenversicherung lehnte die Nachzahlung freiwilliger Beiträge wegen Versäumung der Zahlungsfrist ab. Ein Härtefall könne nicht anerkannt werden. Altersrente könne es zum vom Kläger gewünschten Zeitpunkt deshalb nur mit Abschlägen geben. Das Sozialgericht Stuttgart hatte der Klage wegen des Vorliegens einer besonderen Härte stattgegeben. Die Härte liege bereits in der tatsache, dass die Rente mit 63 für den Kläger mit Abschlägen behaftet wäre.

Das LSG Baden-Württemberg hat das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und der Rentenversicherung Recht gegeben. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, nach so langer Zeit noch freiwillige Beiträge nachzuzahlen, um die Lücke zu schließen. Nach Fristablauf könnten Beiträge nur in besonderen Härtefällen nachentrichtet werden. Die gesetzliche Härtefallregelung sei aber nicht dazu da, sämtliche Nachteile auszugleichen, die mit der Versäumung der genannten Fristen einhergingen, sondern greife nur in bestimmten Konstellationen, insbesondere bei Verlust einer Rentenanwartschaft. Um Abschläge zu vermeiden hätte der Kläger auch z.B. zwölf Monate länger arbeiten können und mit 64 Jahren in die dann immer noch vorgezogene abschlagsfreie Rente gehen können. Er hätte auch bereits 2007 freiwillige Beiträge entrichten können, um die Lücke zu schließen. Dies habe er bewusst nicht getan, weil er damals davon ausgegangen sei, dass mit dieser Beitragslücke für ihn keine Nachteile verbunden seien. Mit der Nachzahlung von Beiträgen habe man aber nicht warten können, bis irgendwann in der Zukunft Änderungen eintreten und die Nachzahlung auf die Zeit verschieben, in der die Nachteile einer Betragslücke sichtbar werden oder schon eingetreten seien.

Quelle: Pressemitteilung des LSG Stuttgart v. 08.01.2018

LSG Stuttgart – L 10 R 2182/16

Krankenversicherung für freie Journalisten

Freie Journalisten, die freiwillig in das Versorgungswerk der Presse GmbH eingezahlt haben, müssen aus den daraus gezahlten Renten keine Krankenversicherungsbeiträge entrichten. Das hat das Bundessozialgericht am 10. Oktober 2017 in einem Urteil zum Aktenzeichen B 12 KR 2/16 R entschieden.

Versicherungsleistungen aus dem Versorgungswerk der Presse sind weder Renten für Angehörige bestimmter Berufe noch zur betrieblichen Altersversorgung. Das Versorgungswerk der Presse ist lediglich vermittelnd tätig. Es handelt sich nicht um eine Versorgungseinrichtungen im Sinne des Beitragsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung. Das gilt auch, wenn der gesamte Geschäfts- und Zahlungsverkehr zwischen den Versicherungsgesellschaften und den Versicherungsnehmern übernommen wird, ohne selbst Gläubiger oder Schuldner aus den abgeschlossenen Versicherungsverträgen zu werden.

Das Urteil betrifft aber nur freie Journalisten. Angestellte Redakteure, die auf der Grundlage einer Tarifvereinbarung in die Presseversorgung einzahlen, müssen aus den so erworbenen Renten Krankenkassenbeiträge zahlen.

Pressemitteilung vom 10.10.2017, B 12 KR 2/16 R

Anrechnung von Erwerbseinkommen von Rentnern in gemischter Bedarfsgemeinschaft

In einer gemischten Bedarfsgemeinschaft aus einem erwerbsunfähigen Rentner und einem Leistungsempfänger nach SGB II wird neben der Rente (und z.B. Wohngeld) auch das Erwerbseinkommen des Rentners bei der Berechnung der Leistungen des Leistungsempfängers nach SGB II angerechnet. Für das Erwerbseinkommen des Rentners, gelten – weil er nicht erwerbsfähig ist – nicht die Freibeträge nach SGB II.

Dadurch kommt es zu einer Benachteiligung der Bedarfsgemeinschaft gegenüber Bedarfsgemeinschaften aus Leistungsempfängern nach SGB II, bei denen einer erwerbstätig ist. Diese soll nach § 82 Absatz 3 Satz 1 SGB XII ausgeglichen werden. Danach wird bei der Anrechnung des Erwerbseinkommens ein Freibetrag in Höhe von 30 Prozent des Einkommens – höchstens jedoch 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 (204,50 € im Jahr 2017) – eingeräumt. Bei einem monatlichen Einkommen von 400,00 € wäre somit ein Freibetrag von 120,00 € zu berücksichtigen.

Erzielt der Rentner für eine Ehrenamtliche Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung, ist diese mit einem Betrag bis zur Hälfte der Eck-Regelleistung anrechnungsfrei. Nicht berücksichtigt werden im Übrigen auch steuerfreie Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit als Übungsleiter, Betreuer oder Lehrer, die sogenannte Übungsleiterpauschale nach § 3 Nr. 26a EStG bis zu 2.400 € im Jahr oder 200 € im Monat.

Krankenversicherungsbeiträge aus Renten

Ich habe zwei Verträge, mit denen ich auf eine Betriebsrente gespart habe. Einen – bei einem Versorgungswerk – habe ich komplett allein bespart, den anderen habe ich per Entgeltumwandlung über den Arbeitgeber bei einer Pensionskasse gemacht. Nun lese ich, dass ich 14,6 Prozent Krankenversicherung auf die Auszahlungen leisten soll. Gilt das auch für den Vertrag, in den ich komplett eingezahlt habe? Und sind es bei dem anderen Vertrag wirklich 14,6 Prozent oder muss ich nur die Hälfte zahlen, wie das beim Gehalt ja auch ist?

Sie haben sich für eine Rentenversorgung durch Zahlungen zu einem Versorgungswerk und in eine Pensionskasse entschieden. Leistungen zur gesetzlichen Rentenversicherung haben Sie nicht geleistet. Dadurch scheidet mit Eintritt des Rentenalters die Möglichkeit aus, in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) pflichtversichert zu werden. Das gilt selbst dann, wenn sie immer gesetzlich krankenversichert waren und unter der Beitragsbemessungsgrenze verdient haben. Sie hatten allein aufgrund der Art Ihrer beruflichen Tätigkeit, die Möglichkeit, sich von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen. Damit scheidet aber auch eine hälftige Zuzahlung zu den Beiträgen der Krankenversicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung aus.

Sie sind, obwohl Sie womöglich während Ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit als Angestellter mit einem Verdienst unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze versicherungspflichtig waren, in der gesetzlichen Krankenversicherung mit Eintritt der Regelaltersgrenze nur noch freiwillig nicht mehr pflichtversichert.

Für freiwillige Mitglieder soll die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen. Krankenversicherungsbeiträge werden also aus Renten des Versorgungswerkes, arbeitgeberseitig geförderte Betriebsrenten, aber auch aus weiteren Einnahmen, wie z.B. Kapitalerträgen oder aus Vermietung und Verpachtung bis zur Beitragsbemessungsgrenze errechnet.

Im Hinblick auf die Rente aus dem Versorgungswerk gilt dies, obwohl Sie die Rentenbeiträge komplett alleine eingezahlt haben. Das wurde bereits höchstrichterlich entschieden. Etwas anderes kann nur für eine zusätzliche private Kapitallebens – oder Rentenversicherung gelten. Hier unterscheidet die Rechtsprechung danach, ob eine Betriebsrente durch Gehaltsumwandlung durch den Arbeitgeber eingezahlt wurde oder ob Sie die Beiträge vollständig selbst entrichtet haben. Nur im letzteren Fall geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die allein angesparten Rententeile nicht der Beitragspflicht in der Krankenversicherung unterliegen.

Ob dies auch für Leistungen aus Pensionskassen zutrifft, muss noch entschieden werden. Eine Verfassungsbeschwerde ist anhängig und soll im Frühjahr 2018 entschieden werden(1 BvR 249/15). Es empfiehlt sich, gegen die Beitragsbescheide der Krankenkasse fristwahrend Widerspruch einzulegen und anzuregen, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ruhen zu lassen.

Tagesspiegel – Rechtsfrage an Denise Paetow, Fachanwältin für Sozialrecht, September 2017

Krankenversicherungsbeiträge aus Honorartätigkeit des Rentners

Ich beziehe seit dem 01.06.2014 Rente, arbeite aber mit verschiedenen Honorarverträgen weiterhin. Nun habe ich erfahren, dass ich auf meinen Gewinn außer Steuern zusätzlich Krankenversicherungsbeiträge zahlen muss. Z.B. hatte ich 2014 zwischen Juni und Dezember Einkommen in Höhe von 2.000,00 €. Muss ich diese der Krankenkasse melden? Ich weiß weder das Verfahren noch, wie viel davon als Krankenkassenbeitrag zu zahlen ist. Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

Leider ist es so, dass Rentner auf jegliches Arbeitseinkommen, dass sie neben der Rente erzielen, ob aus einer abhängigen oder einer selbständigen Arbeit, Krankenversicherungsbeiträge bezahlen müssen. Eine Ausnahme gilt nur für geringfügige und kurzfristige Tätigkeiten (sog. Minijobs).

Ich verstehe Ihre Frage so, dass Sie als Rentnerin in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert und nebenbei selbständig sind. Dann gilt für Sie § 237 SGB V, wonach neben der Rente und vergleichbaren Einkommen grundsätzlich auch das Arbeitseinkommen zur Beitragsbemessung herangezogen wird.

Nach § 226 Abs. 2 SGB V sind Beiträge allerdings nur zu entrichten, wenn die monatlichen Einnahmen 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreiten. Diese Grenze beträgt im Jahr 2017 in den alten Bundesländern monatlich 2.975 € und in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin 2.660 €. Sie könnten also monatlich 148,75 € bzw. 133,00 € verdienen, ohne das Beiträge zu entrichten währen.

Wenn Sie aber regelmäßig in der Größenordnung wie im Jahr 2014 verdienen, müssen Sie Ihrer Krankenversicherung die Höhe des Arbeitseinkommens mitteilen. In der Regel erfolgt das durch den Einkommenssteuerbescheid des Vorjahres, auf dessen Grundlage dann die Beiträge errechnet werden.

Beitragspflicht besteht nicht nur für den die Mindestgrenze übersteigenden Betrag, sondern für die gesamten Einnahmen. Pflichtversicherte Altersrentner, die eine Vollrente erhalten, zahlen auf das Erwerbseinkommen den ermäßigten Beitragssatz (2017: 14 %), da ein Anspruch auf Krankengeld nicht mehr versicherbar ist. Da jedoch nicht wie beim Rentenzahlbetrag durch die Deutsche Rentenversicherung oder vom Arbeitgeber ein hälftiger Beitrag übernommen wird, hat der Rentner die Beiträge allein zu tragen. Das Arbeitseinkommen ist nach der erstmaligen Meldung dann jährlich der Krankenkasse zu melden.

Tagesspiegel, Rechtsfrage an Denise Paetow, Fachanwältin für Sozialrecht, Mai 2017

Krankenkassenbeiträge

Von 2011 bis 2014 war ich bei meinem Mann in der Krankenversicherung familienversichert. Seit August 2014 beziehe ich eine private Rente über 441,30 Euro. Diese private Rente liegt ca. 20,00 Euro über dem Grenzwert von 425,00 Euro deshalb wurde mir die Familienversicherung gekündigt. Weiterhin darf das Jahreshöchsteinkommen, bei dem die Familienversicherung noch greifen würde, bei 5.901 Euro liegen. Mein Jahreshöchsteinkommen beträgt lediglich 5.300 Euro, da ich nur geringe Rücklagen habe. Diese Summe wurde bei der AOK überhaupt nicht erwähnt. Ich empfinde es als ungerecht, dass ich ein Drittel meiner selbst finanzierten Privatrente nun an die AOK als freiwillige Krankenversicherung zahlen muss.

Die kostenfreie Familienversicherung setzt voraus, dass das Gesamteinkommen bestimmte Beträge nicht übersteigt. Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben am 24.10.2008 ein gemeinsames Rundschreiben „Gesamteinkommen“ verfasst, das sich mit diesem Begriff auseinandersetzt. Hier wird nach verschiedenen Einkunftsarten unterschieden.

Grundsätzlich ist die Familienversicherung für Ehegatten nur möglich, wenn die monatliche Einkommensgrenze 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nicht überschreitet. Das bedeutet, dass Sie im Jahr 2017 ein monatliches Einkommen von 425 € (1/7 von 2.975 €) erzielen dürfen. Nur wenn die Einkünfte aus einen sogenannten Minijob erzielt werden, dürfen sie monatlich 450,00 € betragen.

Sie erzielen Ihre Einkünfte aus einer privaten Rente. Ausweislich des Rundschreibens „Gesamteinkommen“ zählen zu den Renten Leistungen, die aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus privaten Rentenversicherungen erbracht werden. Sie werden nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Halbsatz 2 SGB V mit ihrem Zahlbetrag berücksichtigt. Lediglich Abfindungen aus Lebensversicherungsverträgen gehören in der Regel noch nicht zu den Einkünften im Sinne des EStG, so dass sie nicht beim Gesamteinkommen zu berücksichtigen sind. Ihre Rente ist also als Einkommen anzurechnen und übersteigt den Freibetrag von 425,00 €.

Der von Ihnen angesprochene Jahreshöchstwert errechnet sich aus der monatlichen Einkommensgrenze von 425,00 € zuzüglich des sogenannten Sparer-Freibetrags. Der wird aber nur berücksichtigt, wenn Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt werden. Alleinstehende können dann einen Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801,00 EUR, Verheiratete in Höhe von 1.602,00 EUR einkommensmindernd in Abzug bringen.

Ihre Rente ist leider keine Einkunft aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG, so dass Ihr Einkommen über der für die Familienversicherung maßgeblich Grenze ist.

Gegebenenfalls ändert sich an diesem Status etwas, wenn Sie in die gesetzliche Altersrente gehen und dabei pflichtversichert in der Krankenversicherung der Rentner würden. Diese wird einkommensabhängig berechnet. Privatrenten werden zur Berechnung der Beiträge nicht mehr berücksichtigt.

Tagesspiegel, Rechtsfrage an Denise Paetow, Fachanwältin für Sozialrecht, April 2017

Krankenversicherung – Beitragsberechnung aus Direktversicherungen

Seit 2006 hatte ich auf Vorschlag meines Arbeitgebers (öffentlicher Dienst) einer Entgeltumwandlung zur Altersversorgung zugestimmt. Mit und ohne Entgeltumwandlung lag ich jeweils über der Bemessungsgrenze für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, so dass diesen Versicherungsträgern keine Beiträge durch die Entgeltumwandlung verloren gegangen sind. Jetzt ist die Summe fällig geworden.
Ist es korrekt, dass ich darauf nun trotzdem Beiträge an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung entrichten muss?

Nach § 237 ff SGB V werden der Beitragsbemessung neben dem Zahlbetrag der Rente u.a. der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (z.B. Versorgungsbezüge) zu Grunde gelegt.

Beitragspflichtig sind seit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, das zum 01.01.2004 in Kraft trat, auch Kapitalleistungen, die der Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder der Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit dienen. Dazu zählen auch zur Auszahlung kommenden Kapitalabfindungen, die an die Stelle eines Versorgungsbezugs treten und mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz beitragspflichtig sind.

Das Bundesverfassungsgericht erachtete die Einbeziehung der Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht wegen des in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Solidaritätsprinzips seit langem für geboten. Der Gesetzgeber hat dieses Gebot 2004 ausdrücklich in die Gesetzesbegründung aufgenommen.

Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes beschäftigten sich das Bundessozialgericht und das Bundesverfassungsgericht mit der Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung der Versorgungsbezüge für die Beitragsbemessung, mit dem Heranziehen des vollen allgemeinen Beitragssatzes sowie mit der Berücksichtigung von Direktversicherungen und Pensionszusagen. In den bisher abgeschlossenen Verfahren wurde die Beitragsberechnung wie vom Gesetzgeber gewollt für verfassungsgemäß erachtet. Zuletzt wurde differenzierend darüber entschieden, dass nicht der gesamte Auszahlungsbetrag verbeitragt werden darf, wenn der Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis den Versicherungsvertrag als Versicherungsnehmer übernommen und fortgeführt hat. Offen ist zudem noch eine Verfassungsbeschwerde zur Frage der privaten Fortführung von Pensionsfonds.

Es ist also gesetzlich vorgesehen und verfassungsrechtlich bestätigt, dass Rentner auf sämtliche Renten und rentenähnliche Einkommen Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Zu letzteren zählen auch Betriebsrenten. Es kann also leider dahinstehen, dass Sie (und Ihr Arbeitgeber) sich durch das Abführen Ihres Gehalts in die Betriebsrente keine Sozialversicherungsbeiträge erspart haben. Sie müssen jetzt auf die ausgezahlte Rente volle Versicherungsbeiträge zahlen. Die juristischen Möglichkeiten, gegen die Beitragsberechnung vorzugehen, sind ausgeschöpft.

Tagesspiegel, Rechtsfrage an Denise Paetow, Fachanwältin für Sozialrecht, Februar 2017